BTHG: Keine zusätzliche Ausgabendynamik für Länder und Kommunen Bund übernimmt 82% der Gesamtkosten

BTHG: Keine zusätzliche Ausgabendynamik für Länder und Kommunen. Bund übernimmt 82% der Gesamtkosten. Laut einer aktuellen Stellungnahme der Bundesregierung werden aufgrund des neuen Bundesteilhabegesetzes Länder und Kommunen finanziell entlastet. Der Bund übernehme 82 Prozent der Gesamtkosten, so beantwortete die Regierung dem Bundesrat auf seine Stellungnahme.

Hier ein Auszug aus der Stellungnahme der Bundesregierung vom 12.10.2016: “Die Bundesregierung widerspricht der Einschätzung des Bundesrates, mit dem Gesetzentwurf werden die Ziele, „keine zusätzlichen Ausgaben für Länder und Kommunen“ zu verursachen und „die bestehende Ausgabendynamik in der Eingliederungshilfe zu stoppen“, verfehlt. Nach den Berechnungen der Bundesregierung werden Länder und Kommunen durch das Bundesteilhabegesetz ab dem Jahr 2021 entlastet. Der Entlastungsbetrag steigt von rund 71 Mio. Euro im Jahr 2021 bis auf rund 235 Mio. Euro im Jahr 2025. In dieser Kostenprognose wurde ein jährlicher Ausgabenanstieg in den zentralen Leistungen in der Eingliederungshilfe um 4,17 Prozent berücksichtigt.”

Auch zu den finanzielle Auswirkungen des BTHG nimmt die Bundesregierung Stellung: “(…) Bei den Berechnungen der finanziellen Auswirkungen des BTHG wurde pauschalierend von einer aufwachsenden Effizienzrendite im Jahr des Inkrafttretens 2020 und den Folgejahren ausgegangen. (…)Der Effizienzrendite liegt die Annahme zu Grunde, dass alle Maßnahmen, die die Steuerungsfähigkeit der Eingliederungshilfe erhöhen und die Zugänge verringern, zu einer dauerhaften Reduzierung des Ausgabenanstiegs bei den Trägern der Eingliederungshilfe führen.”

Interessant erscheint mir auch der deutliche Widerspruch der Bundesregierung gegenüber dem Bundesrat zur angedachten zukünftigen Schiedsstellenfähigkeit der Leistungsbeschreibungen. Dieser Schritt ist m.E. aus Sicht der Leistungserbringer dringend notwendig. In diesem Zusammenhang ist die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme dann auch sehr deutlich. So soll das sozialhilferechtliche Dreiecksverhältnis durch diese Maßnahme gestärkt werden. Im gleichen Atemzug verweist die Bundesregierung sodann auf die neuen Steuerungsmöglichkeiten. So sollen die  vorgesehenen Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung (§ 128 SGB IX-E) und das in diesem Zusammenhang stehende Recht zur Kürzung der Vergütung (§ 129 SGB IX-E) die Steuerungsfähigkeit der Eingliederungshilfe deutlich verbessern.: “Die Bundesregierung widerspricht auch der Einschätzung, durch die Ausdehnung der Schiedsstellenfähigkeit auf die Leistungsvereinbarung, werde das „bewährte sozialhilferechtliche Dreiecksverhältnis quasi aufgegeben“. Die Bundesregierung geht vielmehr davon aus, dass das sozialhilferechtliche Dreiecksverhältnis dadurch gestärkt wird: Das Vereinbarungsverfahren wird gleichgewichtig ausgestaltet. Auch wird durch Präzisierungen im Vertragsrecht wie z. B. der nunmehr vorgesehenen Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung (§ 128 SGB IX-E) und dem Recht zur Kürzung der Vergütung (§ 129 SGB IX-E) die Steuerungsfähigkeit der Eingliederungshilfe deutlich verbessert. Um das Gleichgewicht der Akteure im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis zu wahren, soll künftig auch die Leistungsvereinbarung schiedsstellenfähig sein.”

Die vollständige Bundestagsdrucksache 18/9954 finden Sie hier. Nachschauen sollten Sie dann zum Beispiel auf Seite 98.

Nun bin ich ja selbst seit vielen Jahren als Berater auch in der Eingliederungshilfe unterwegs. Auch habe ich in mehreren Bundesländern als Sachverständiger Gutachten, insbesondere im Rahmen von Schiedsverfahren, erstellen dürfen. Wenn wir mal ehrlich sind, dann geht es doch immer um das Gleiche. Geld regiert die Welt! Das Verhältnis zwischen öffentlichen und freien (subsidiären) Leistungserbringern  verschlechtert sich kontinuierlich. Die freien und privaten Leistungserbringer sollen durch die öffentliche Hand gesteuert werden, was aus Sicht des Steuerzahlers auch völlig in Ordnung ist. Dennoch warne ich hier vor den Folgen dieses wohl nicht mehr aufzuhaltenden gesetzlichen Veränderungsvorhabens. Schon jetzt ist feststellbar, dass die öffentlichen Sozialhilfeträger nachweisbar personell drastisch aufrüsten. Auch wird wohl viel Geld für Unternehmensberatungsmaßnahmen ausgegeben. So beraten international tätige Unternehmensberatungen große Sozialhilfeträger, wie Sie u.a.  zum Beispiel im Rahmen der Behindertenhilfe auf Kosten der Leistungserbringer Kosten reduzieren können. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe hat sich zum Beispiel im Jahre 2013 durch die Firma Kienbaum Management Consultants GmbH beraten lassen. “Untersuchungsgegenstand waren neben dem Referat “Entgelt- und Vergütungsangelegenheiten“ der LWL-Finanzabteilung die Organisationseinheiten in der LWL-Behindertenhilfe sowie im LWL-Landesjugendamt, in denen vergleichbare Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Festsetzung von Vergütungen für Eingliederungs- und Pflegeeinrichtungen wahrgenommen werden.”

Die Ergebnisse des Prozesses sind interessant. Hier ein Beispiel aus dem Bericht des Landschaftsverband Westfalen-Lippe zum Bereich der Pflege: “Das Referat “Entgelt- und Vergütungsangelegenheiten“ in der LWL-Finanzabteilung wird über einen frühzeitigen Austausch mit dem örtlichen Sozialhilfeträger sowie dem LWL-BLB bei allen Fällen von Umbaumaßnahmen frühzeitig eingebunden, um mit Blick auf die Folgekosten (Pflegewohngeld/Investitionskosten) steuernd eingreifen zu können. Hier können ausweislich des Gutachtens mit Blick auf die anstehenden Fallzahlen zum Umbau von Pflegeeinrichtungen bis zum Jahr 2018 erhebliche finanzielle Einspareffekte erzielt werden. Es wird erwartet, dass in ca. 30 % aller Fälle die frühzeitige und intensivere Beteiligung des Referates Entgelt- und Vergütungsangelegenheiten ein deutlicher Einspareffekt realisiert werden kann. In zwei untersuchten Fallbeispielen lag der jährliche Einspareffekt bereits bei 19.800 €bzw. 180.000 €”

Selbstverständlich hatte der Beratungsprozess auch Auswirkungen auf die erforderlichen personellen Ressourcen: “Für die Aufgabenwahrnehmung in der bisherigen Form ist die im Untersuchungszeitraum gegebene personelle Ausstattung ausreichend. Mit dieser Personalausstattung können grundsätzlich auch die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verbesserung der Prozesssicherheit realisiert werden. Für die aufgezeigten Maßnahmen zur verbesserten fachlich inhaltlichen Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Organisationseinheiten (s.o. Ziffer 3.2) ist nach den Feststellungen des Gutachtens jedoch im Bereich des Referates “Entgelt- und Vergütungsangelegenheiten“ ein personeller Mehrbedarf im Umfang von insgesamt 2,5 vollzeitäquivalenten Stellen dauerhaft erforderlich; hinzu kommt befristet bis zum Jahr 2018 ein Personalbedarf im Umfang von 0,5 VZK zur Initiierung, Einleitung und Einführung der vorgeschlagenen Maßnahmen.”

In dem Kienbaum-Gutachten wird darauf hingewiesen, dass der zusätzliche Personalbedarf beim Sozialhilfeträger durch die “(…) erzielbaren finanziellen Effekte nach Umsetzung der beschriebenen Maßnahmen um ein Vielfaches übertroffen werden wird. Um die Höhe der tatsächlich realisierten finanziellen Effekte nach Umsetzung der oben genannten Verfahrensregelung zu erheben und zu bewerten, wird der Aufbau eines entsprechenden Steuerungsinstrumentariums empfohlen.”

Hier finden Sie weitere Informationen zum Beratungsprozess.

Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen sind nicht umsonst zu haben. Sie kosten im Gegenteil viel Geld.

Bildquellen

  • Zeitungsrolle mit der Überschrift Gesetzesänderung: © Zerbor / Fotolia