Zoff in München wegen Betreuung unbegleiteter Flüchtlinge Ärger wegen zu gutem Betreuungsschlüssel

Zoff in München wegen Betreuung unbegleiteter Flüchtlinge (UmF). In München belasten Zusatzvereinbarungen zur Betreuung von Flüchtlingen das Verhältnis zwischen den Sozialverbänden.

Markus Schön, der kommissarische Leiter des Jugendamtes München musste seinen Posten räumen, weil er Ende Mai Verträge mit Münchner Sozialorganisationen unterzeichnet hat, die sich um jugendliche Flüchtlinge kümmern. In den Verträgen wurde eine Betreuungsintensität von einem Betreuer auf 2,5 Jugendliche vereinbart (1:2,5). Im Vergleich zu dem bisherigem Schlüssel von 1:5 wurde also ein deutlich besserer Schlüssel mit den Trägern zugunsten der jungen Flüchtlinge vereinbart. Brisant wird das Ganze im Zusammenhang mit einer abnehmenden Betreuungsnachfrage aufgrund zurückgehender Flüchtlingszahlen. Hier finden Sie einen Artikel der SZ vom 30.08.2016.

Verrückt, oder? Das Revisionsamt der Stadt München erhielt sodann einen Prüfauftrag. Festgestellt werden sollte, ob Markus Schön den Stadtrat hätte einschalten müssen, bevor er einen besseren Betreuungsschlüssel gegenüber den Leistungserbringern vereinbarte. Auch sollte geprüft werden, ob die Zahl der Betreuer bedarfsgerecht war. Hier wird es interessant, weil nun behauptet wird, dass die Stadt München Sozialarbeiter und Flüchtlingsbetreuer fürs Nichtstun bezahlt.

Wir alle wissen, dass ein Betreuungsschlüssel von 1 : 2,5 bei Jugendlichen keineswegs unüblich ist. Auch wissen wir, dass für unbegleitete Flüchtlinge die gleichen Maßstäbe wie für deutsche Jugendliche nach dem Gesetz gelten. Dennoch scheint es insbesondere in München eine Jugendhilfe erster und eine Jugendhilfe zweiter Klasse zu geben. Heute berichtete die SZ über neuen Zwist in dieser Sache. Caritas und Diakonie kritisierten öffentlich die “sich etablierenden Parallel-Strukturen” in der Flüchtlingshilfe. Hinter vorgehaltener Hand würde von “Mauscheleien” bei der Vergabe von Aufträgen in der Flüchtlingsarbeit gesprochen.

Beide Verbände fühlen sich beim Vergabeverfahren übergangen. Im Kinder- und Jugendhilfeausschuss seien die Verträge nie vorgestellt worden. Angesichts des wirtschaftlichen Umfangs und der fachlichen Bedeutung des Vorgangs hätte die Entscheidung über den Millionen-Zuschuss im Jugendhilfeausschuss gefällt werden müssen. “(…) Die Vereinbarungen waren aber lediglich vom kommissarischen Leiter des Jugendamts, Markus Schön, und den Trägern getroffen worden. Sie sehen einerseits eine Verdoppelung des Personalschlüssels für die Betreuung von jugendlichen Flüchtlingen vor. Zum anderen einen Personalabbau um 30 Prozent bis Ende August, um die viel zu hohe Mitarbeiterzahl bei den freien Trägern auf den nun geltenden Betreuungsschlüssel anzugleichen.” Hier finden Sie den vollständigen SZ-Artikel vom 19.09.2016.

So ganz schlau wird man nicht aus den unterschiedlichen Informationen. Immer wieder liest man hier und da, dass  die Stadt München für zu viele Sozialarbeiter bezahlt. Es ist die Rede von einer “flexiblen Reserve” und von überzähligen Mitarbeitenden, die man eigentlich in anderen Bereichen einsetzen könnte. Ich denke, dass die Stadt München mit den Jugendhilfeträgern vor Ort sogenannte belegungsunabhängige Vereinbarungen getroffen hat. Was das heißt? Ganz einfach, das unabhängig von einer realen Belegung Geld für Betreuung fließt. Somit handelt es sich um Kontingentvereinbarungen. Das wird wohl so sein.

Wenn es dann wirklich so wäre, so müssten eigentlich noch viel mehr Kommunen dicke Probleme bekommen. Derartige Verfahren bzw. Vereinbarungen gibt es in ganz Deutschland. Es soll sogar Städte und Kreise geben, wo Jugendämter aufgrund bestehender Vertragsvereinbarungen und leerer Einrichtungen untereinander Plätze für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge verkaufen. Ist das schräg? Ich finde ja.

Auch wenn im letzten Jahr die Not groß war, so hat es auch damals keinen Grund gegeben, langfristige Vereinbarungen mit Leistungserbringern zu schließen, aus denen heute betreute und jeden Tag zu zahlende Einrichtungsplätze resultieren. Die Not in Deutschland ist groß. Sollte es tatsächlich Kommunen geben, die rechtswidrig leere Plätze finanzieren, so muss das schnellstmöglich beendet werden. Die ungenutzten Ressourcen gehören den Kindern, Jugendlichen und deren Familien.

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