Übermittlung von Geschäftsgeheimnissen an Landschaftsverband Eine Lösung, die keine ist...

Neue Verwirrung bezüglich Übermittlung von Geschäftsgeheimnissen an den Landschaftsverband Westfalen-Lippe als parteiische Beratung für Öffentliche Träger der Jugendhilfe im Rahmen von Entgeltverhandlungen in der Kinder- und Jugendhilfe.

Möglicherweise erinnern Sie sich? Ich weise schon seit mehr als 3 Jahren darauf hin, dass ich der Ansicht bin, dass ein Jugendamt nicht ohne Zustimmung des Einrichtungsträgers Unterlagen (Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, z.B. Entgeltunterlagen) an einen Dritten (z.B. an den Landschaftsverband Westfalen-Lippe) weiterleiten darf.

Nun habe ich erneut Post vom Datenschutzbeauftragten des Landes NRW bekommen. Er teilt in seinem Schreiben mit, das aufgrund meiner Bedenken ein Gespräch zwischen der LDI und den Landschaftsver­bänden, den kommunalen Spitzenverbänden, dem Ministerium für Hei­mat, Kommunales, Bau und Gleichstellung sowie dem Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration Folgendes stattgefunden hat. Das Gespräch fand wohl in erster Linie statt, um die datenschutzrechtlichen Bedenken des Datenschutzbeauftragten des Landes NRW bezüglich der Übermittlung von Geschäftsgeheimnissen an den Landschaftsverband Westfalen-Lippe auszuräumen.

Als Lösung soll nun nach mehr als 1,5 Jahren nach Aufforderung des LDI das Verfahren zur Übermittlung von Kalkulationsunterlagen der örtlichen Jugendhilfeträger an die Finanzabteilung des Landschaftsverbandes geändert werden. Zukünftig wird der örtliche Träger der Jugendhilfe die Kalkulationsunterlagen einer inhabergeführten Einrichtung derart schwärzen, dass durch die Landschaftsverbände anhand der Unterlagen ein Personenbezug zum Einrichtungsinhaber nicht mehr hergestellt werden kann.

Ganz ehrlich? Das überzeugt mich überhaupt gar (!) nicht aus folgenden Gründen:

  1. Diese Lösung, die keine ist, wurde ohne Einbeziehung der Verbände der Leistungserbringer einseitig erarbeitet
  2. Mir sind zahlreiche Fälle bekannt, in denen deutlich mehr als nur eine Kalkulationsunterlage an die Finanzabteilung des Landschaftsverbandes weitergeleitet wurde (sogar Personaltabellen mit Namen von Mitarbeitenden werden gerne mal weitergeleitet). Je nach dem, was der Antragsteller so alles liefert… Ich habe also weiterhin datenschutzrechtliche Bedenken!
  3. Neben diesen datenschutzrechtlichen Bedenken ist eine Weiterleitung von Daten an den Landschaftsverband Westfalen-Lippe m.E. aber auch aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht in Ordnung. So hält beispielsweise der LWL eigene Einrichtungen vor und konkurriert auf dem Markt der Erziehungshilfe gegenüber anderen Trägern.

Ganz ehrlich? Ich bin weiter fassungslos! Und der Lösungsvorschlag “Inhaberinfos schwärzen” wird jetzt wahrscheinlich durchs Land an die Jugendämter geschickt. Und die versenden jetzt möglicherweise fleissig die Daten ohne Erlaubnis der beantragenden Einrichtungsträger an Dritte, was ggf. dazu führt, dass sich Jugendamtsmitarbeitende strafbar machen. Hoffentlich nicht. Denn ich bleibe dabei: Ich halte die Weiterleitung der Entgeltdaten an Dritte weiterhin für absolut rechtswidrig.

Auch der Datenschutzbeauftragte des Landes NRW gibt in seinem Schreiben entsprechende Hinweise: “Weitere Änderungen des Verfahrens kann ich mangels sachlicher Zuständigkeit leider nicht erreichen. Zwar stehen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse den Sozialdaten gleich (§ 35 Abs. 4 SGB l). Diese Gleichstellung findet jedoch keine Entsprechung in den mir eingeräumten Aufsichtszuständigkeiten und -befugnissen. Das Anrufungsrecht wie auch die mir eingeräumten Befugnisse setzen unverändert das Vorliegen personenbezogener Daten der Betroffenen voraus (§ 81 SGB X i. V. m. § 35 Abs. 2 SGB l, Artikel 4 Nr. 1 VERORDNUNG (EU) 2016/679 DES EUROPAISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG). Weitere Verfahrensänderungen ließen sich daher wohl nur über die involvierten Ministerien erreichen, welche jedoch nach meiner Kenntnis das erarbeitete Verfahren unterstützen. lm Übrigen erinnere ich an meine Hinweise vom 24.06.2016, wonach meine datenschutzrechtliche Prüfung der Einhaltung von Vorschriften über den Datenschutz von einer anwaltlichen Beratung zu der Frage unlauterer geschäftlicher Handlungen oder mit dem Ziel des Ausschlusses zivil- und vertragsrechtlicher Haftungsrisiken zu unterscheiden ist.”

Ich empfehle weiterhin allen antragstellenden Einrichtungsträgern den folgenden Passus in Ihren Antrag auf Vereinbarung aufzunehmen:

“Wir weisen darauf hin, dass es sich bei den gelieferten Unterlagen um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse im Sinne von § 203 StGB und § 17 f. UWG handelt. Deren Weitergabe an Dritte verstößt gegen Datenschutz-, Straf- und Urheberrecht. Dies betrifft insbesondere auch die Weitergabe an Dritte (z. B. an den LVR, den Bezirksverband Oldenburg) oder / und andere Berater sowie die Weitergabe an andere Behörden (z. B. Landesjugendämter).”

Interessant dürfte in diesem Zusammenhang auch die EU-Richtlinie des Europäischen Parlaments und Rates 2016/943 EU vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung sein. Zweck dieser Richtlinie ist der Schutz von Geschäftsgeheimnissen und Know-how. Die Mitgliedsstaaten der EU haben die Richtlinie bis spätestens 9. Juni 2018 umzusetzen. Die Nutzung oder Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses gilt immer dann als rechtswidrig, wenn sie ohne Zustimmung des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses durch eine Person erfolgt,

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