Kriegserklärung gegenüber dem Bereich der Träger der freien Jugendhilfe 4 Gedanken zum Thema "Finanzierung/Sozialraum" von Prof. Dr. Dr. Wabnitz

Prof. Dr. Dr. Reinhard Wabnitz, Professor für Rechtswissenschaft, insbesondere Familien- und Jugendhilferecht am Fachbereich Sozialwesen der Fachhochschule Wiesbaden hat sich zur neuen, geheimen SGB VIII – Reform geäußert. Er spricht von einer „Kriegserklärung“ gegenüber dem Bereich der Träger der freien Jugendhilfe. 

In seinem Kommentar warnt er vor der Einführung der aktuellen Regelungsvorschläge des BMFSFJ.

Käme es zu einer Einführung der noch immer informell kursierenden Entwürfe, so könnten die Träger der öffentlichen Jugendhilfe zukünftig frei entscheiden, ob sie einseitig Leistungsbeschreibungen „diktieren“ und per Bescheid Leistungen verordnen oder ob sie darüber mit den Trägern der freien Jugendhilfe ein Einvernehmen erzielen wollen. Die seit 1999 praktizierte Vereinbarungspraxis zwischen den Trägern der freien und der öffentlichen Jugendhilfe würde “(…) durch ein einseitig-hoheitliches Bescheidungsverfahren ersetzt.” Somit käme es im Bereich der Entgeltfinanzierung, zu einem nicht hinnehmbaren Rückschritt in die Zeit vor 1999 (…allerdings ohne Selbstkostendeckung).

Auch die beabsichtigte Neuregelung des Abs. 2 („Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe kann mit denjenigen Trägern Vereinbarungen abschließen, die unter Berücksichtigung der Grundsätze der Qualität, Kontinuität, Orientierung an sozialräumlichen Gestaltungsvorgaben, Zugänglichkeit, Zusammenarbeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erbringung der Leistung geeignet sind.“ …) stößt auf Widerstand. “(…) Aufgrund einer solchen kann-Regelung können Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Belieben aus dem sozialleistungsrechtlichen Dreiecksverhältnis „aussteigen“ und die Finanzierung quasi in das kommunale Beschaffungswesen verlagern.”

Wabnitz stellt auch eine Verbindung zu Herrn Staatsrat Jan Pörksen her. “Dies alles bedeutet nichts anderes als die Übernahme von „Pörksen pur“ in das SGB VIII, nachdem alle bisherigen Versuche der Beschränkung der Leistungsanbieter (nicht nur in Hamburg) auf einen exklusiven Kreis vor den Verwaltungsgerichten wegen Verstoßes u. a. gegen Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsausübungsfreiheit) – betreffend alle nicht berücksichtigten Träger der freien Jugendhilfe – gescheitert sind. Auch dies ist eine „Kriegserklärung“ gegen die Träger der freien Jugendhilfe insgesamt, gegen die Gebote von Pluralität und ggf. Subsidiarität gemäß §§ 3 und 4 und gegen das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten nach § 5 SGB VIII.”

Den vollständigen Kommentar von Herrn Prof. Wabnitz finden Sie hier.

NEU: Fachtagung zur SGB VIII – Reform am 26.10.2016 in Bielefeld. Hier finden Sie weitere Informationen.

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Newsletter zur SGB VIII – Reform

Nach wie vor sind die Inhalte des neuen Gesetzestextes  erschreckend:

  1. „Hilfe zur Entwicklung“ wird den Kindern und Jugendlichen zugewiesen und als Rechtsanspruch auf dem Papier bestätigt
  2. „Hilfe zur Entwicklung“ soll im Ermessen des Jugendamtes stehen
  3. Nachrang der Einzelfallhilfe gegenüber infrastrukturellen und niedrigschwelligen Angeboten, von Einzelhilfen gegenüber Gruppenangeboten
  4. Hilfe für Junge Volljährige wird stark eingeschränkt
  5. Weitreichende Abkehr vom Dreiecksverhältnis
  6. und vieles mehr…

Aber lesen Sie doch bitte selbst, wie man mit schönen Worten den Rechtsanspruch auf Hilfe zur Erziehung zurecht stutzt.

Noch immer können Sie sich an der Petition von Michael Kolle beteiligen und sich gegen eine Art Hartz IV-Reform in der Jugendhilfe aussprechen. Der Hamburger Dipl. Sozialpädagoge Michael Kolle wendet sich an die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie an den Vorsitzenden des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und fordert dazu auf, die geplante Neufassung des SGB VIII, insbesondere den § 36a (2) und § 41 (2) zu stoppen.

Hier geht es direkt zur Petition.

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