Bundesratsinitiative zur Verbesserung der Heimaufsicht Wird der Reformprozess zur Modernisierung des SGB VIII rechts überholt?

Der Bundesrat hat am 14.02.2020 einem Gesetzesentwurf mit zahlreichen Maßnahmen zur Verbesserung der Heimaufsicht zugestimmt. Der Gesetzentwurf der Länder wird nun der Bundesregierung zugeleitet, die eine Stellungnahme dazu verfassen wird. Danach wird sich der Bundestag mit dem Gesetz befassen.

Ein Video mit der Rede des Ministers Heiner Garg (Schleswig Holstein) zur Bundesratsinitiative zur Verbesserung der Heimaufsicht (BundesratKOMPAKT 14.02.2020 TOP14) finden Sie hier:

Den Gesetzesantrag (Beschlussdrucksache) der Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein finden Sie hier.

Sie sollten sich sehr aufmerksam den § 45 a ansehen, da hier ein neuer Einrichtungsbegriff enthalten ist, der m.E. viel Dynamik in der Kinder- und Jugendhilfe erzeugen wird. Ich habe hier im Blog bereits mehrfach auf die Auswirkungen eines solchen Einrichtungsbegriffs auf familienanaloge Wohnformen hingewiesen. Hier der Inhalt des § 45 a:

“Eine Einrichtung ist eine auf gewisse Dauer angelegte förmliche Verbindung ortsgebundener räumlicher, personeller und sachlicher Mittel mit dem Zweck der ganztägigen oder über einen Teil des Tages erfolgenden Unterkunftsgewährung sowie Betreuung, Beaufsichtigung, Erziehung, Bildung, Ausbildung von Kindern und Jugendlichen außerhalb ihrer Familie, wenn der Bestand unabhängig von bestimmten Kindern und Jugendlichen, den dort tätigen Personen und der Zuordnung bestimmter Kinder und Jugendlicher zu bestimmten dort tätigen Personen ist.“

Das sind die gleiche Formulierungen, wie im ursprünglichen Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG).

Auch wenn viele Bundesverbände noch (!) die Meinung vertreten, es handele sich bei diesem Gesetzesantrag der Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein um einen Rohrkrepierer, der nicht ernst zu nehmen sei, bin ich der Meinung, dass man diese Aktion durchaus sehr ernst nehmen muss.

Nicht das bei Ihnen jetzt ein falscher Eindruck entsteht. Die von Minister Garg in seiner Rede (siehe Video weiter oben) angesprochenen Missbrauchs- und Kindeswohlgefährdungsfälle müssen zu einer Verbesserung der Heimaufsicht führen. M.E. benötigt man dafür aber keinen neuen Einrichtungsbegriff, der im Ergebnis dazu führen wird, dass zahlreiche betriebserlaubnispflichtigen Erziehungsstellen ihre Betriebserlaubnis verlieren. Ich denke, das wäre ein Schritt in die falsche Richtung, denn durch Wegfall der Betriebserlaubnis entfällt eben auch die Zuständigkeit der Heimaufsicht durch die betriebserlaubniserteilenden Behörden. Viel wichtiger wäre es meiner Meinung nach, das Thema Mindestlohngesetz endlich anzugehen, denn bis heute verstoßen etwa 75 Prozent aller familienanalogen Einrichtungen in Deutschland gegen das Mindestlohngesetz. Bislang scheint das niemanden zu interessieren, auch den Zoll nicht. Warten wir mal ab, wie lange das noch gut geht.

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  • time-731110_640: Pixabay