Vergleich von Leistungen und Entgelten im Bereich Hilfen zur Erziehung in Niedersachsen Einer langen Vorgeschichte folgen nun angeblich Taten

Vergleich von Leistungen und Entgelten im Bereich Hilfen zur Erziehung in Niedersachsen. Einer langen Vorgeschichte folgen nun angeblich Taten.

Ich bin soeben auf einen interessanten Artikel in der Verbandszeitschrift des Niedersächsischen Landkreistages gestoßen.

Die Autoren beschreiben sehr eindrücklich aus Sicht der Öffentlichen Träger die Arbeit der im Jahre 2013 ins Leben gerufenen, paritätisch besetzten Arbeitsgruppe zur einvernehmlichen Entwicklung eines Konzeptes für den Vergleich von Leistungen und Entgelten (hier kurz LEV) sowie zum Aufbau einer neuen Datenbank als Nachfolger zum Info-Katalog Jugendhilfe in Niedersachsen. Gemäß § 12 des Nds. Rahmenvertrages.

So sollten mit der Weiterentwicklung des Rahmenvertrags und den verbindlich eingeführten Mustern die Leistungsangebote von Einrichtungen mit denen anderer Einrichtungen vergleichbar werden, um dadurch eine passgenauere Auswahl zu ermöglichen. Erfreulicherweise sei es gelungen, mit dem neuen Rahmenvertrag erstmalig auch ein Verfahren zur Entgeltermittlung zu beschreiben, welches zu einer deutlich höheren Transparenz und Differenzierung bei der Entgeltfindung beitragen sollte.  Aus Gründen der Arbeitsfähigkeit wurde eine sechsköpfige, paritätisch besetzte Arbeitsgruppe installiert und mit der Entwicklung eines Umsetzungskonzeptes für einen Leistungs- und Entgeltvergleich (LEV) beauftragt.

Laut Darstellung der beiden war eine Vielzahl an Sitzungen über mehrere Jahre nötig, bis letztendlich ein Konzept vereinbart werden konnte, das im Jahr 2018 vom Beirat beschlossen wurde. Alle Verbände (LAG FW, VPK sowie die kommunalen Spitzenverbände in Niedersachsen) würden die Arbeitsergebnisse mittragen.

Insbesondere bezogen auf einen notwendigen Entgeltvergleich sei es aus Sicht der Öffentlichen Träger angekommen: „(…) Die Umsetzung des LEV gewann noch einmal zusätzlich an Bedeutung, als der Kommunalbericht des Präsidenten des Niedersächsischen Landesrechnungshofs im Jahr 2014 die Thematik der Vergleichbarkeit aufgriff. Die überörtliche Kommunalprüfung prüfte die Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen bei den örtlichen Trägern der Jugendhilfe im Prüfungszeitraum der Jahre 2010 und 2011. In der rahmenvertragslosen Zeit wurde noch der vorherige Rahmenvertrag angewendet, dessen Regelungen für die damals nahezu vollständig beigetretenen örtlichen Jugendhilfeträger bis zur Kündigungsfrist verbindlich gewesen sind. Von 88 geprüften Vereinbarungen wiesen nur zwei vergleichbare Leistungsangebote auf, so dass im Kommunalbericht 2014 die Empfehlung ausgesprochen wurde, die örtlichen Träger sollten mit den Einrichtungen einheitliche Standards bei den Leistungsangeboten vereinbaren. Der Vergleich von Leistungen sei erforderlich, damit der örtliche Träger bei vergleichbaren Leistungsangeboten für einen jungen Menschen unter mehreren Einrichtungen eine bedarfsgerechte und wirtschaftliche Wahl treffen kann, so der Landesrechnungshof.“

Die bislang für den Info-Katalog Niedersachsen genutzte Datenbank „(…) konnte aufgrund veralteter EDV-Strukturen das neue Anforderungsprofil nicht mehr abbilden, so dass eine weitere Nutzung ausgeschlossen war“.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Autoren drauf hinweisen, dass eine finanzielle Unterstützung bei dem Aufbau und Betrieb der Datenbank durch das Land Niedersachsen abgelehnt wurde.

Um das Projekt nicht scheitern zu lassen, hat sich der Niedersächsische Landkreistag bereit erklärt, die neue Datenbank zu hosten. „(…) Nach einem vom NLT veranlassten Ausschreibungsverfahren im November 2018 konnte sich die Firma GEBIT aus Münster durchsetzen und erhielt Ende November 2018 den Zuschlag für die Entwicklung und Vorhaltung der Datenbank. Bereits zwei Wochen später hat der NLT mit der Klärung der administrativen Belange bei der Initialisierung der Datenbank begonnen. Mit Beginn des neuen Jahres wurde die inhaltliche Arbeit an der Datenbank unter Beteiligung der GEBIT und der Arbeitsgruppe LEV aufgenommen.“

Wer die Kosten für die Datenbank trägt wird im Artikel nicht benannt. Im Konzept selbst wird aber benannt, dass die Kosten von den Öffentlichen Trägern übernommen werden.

Den NLT-Artikel finden Sie hier.

Das Konzept ist bislang nicht veröffentlicht worden. Es wurde mir jedoch von einem Leistungserbringer in Niedersachsen zugesandt. Herzlichen Dank dafür.

Aufgrund der neuen Datenbank und der damit verbundenen Ablösung des Info-Kataloges ist eine Änderung des Rahmenvertrages in § 12 notwendig. Es soll hierzu auch eine neue Anlage 13 zum Rahmenvertrag geben. Die Datenbank soll bis zu den Sommerferien fertig gestellt werden.

Ich persönlich halte es für problematisch, dass über die Mitgliedschaft im Rahmenvertrag eine grundsätzliche Verpflichtung zur Dateneingabe bestehen soll. „(…) Die grundsätzliche Verpflichtung zur Dateneingabe ergibt sich aus dem Rahmenvertrag, der insofern gemäß § 78b SGB VIII die gesetzliche Verpflichtung zur wirtschaftlichen und sparsamen Betriebsführung konkretisiert und sicherstellt, dass die Leistungsfähigkeit der Träger durch die verhandelten Entgelte gewährleistet wird.“

Weiterhin bewerte ich den Datenschutzaspekt als höchst problematisch. So erhalten auch weiterhin nur Träger, die dem Rahmenvertrag beigetreten sind, ein Leserecht. Hierbei vertraut man dann darauf, dass die Lesenden die Daten nicht weiterleiten, was m.E. nicht funktionieren wird. Auch im Rahmen der alten Regelung gab es Datenlecks, die dazu führten, dass auch Nichtmitglieder des Rahmenvertrages Zugriff auf die Daten des Info-Kataloges hatten.

Auch die zukünftige Rolle der Datenbank im Zusammenhang mit den Entgeltverhandlungen und die Bezüge zum „Externen Vergleich“ sind m.E. als höchst problematisch zu bewerten.

Hier ein Auszug:

„(…) An diesem Punkt kann es in der Praxis der Verhandlungen zu sehr unterschiedlichen Positionen kommen. Sofern eine Einigung über das mit dem vorgelegten Leistungsangebot angestrebte Entgelt nicht erzielt werden kann, soll der Vergleich mit vergleichbaren, bereits vereinbarten Leistungsangeboten angestrebt werden, wenn sich andere Möglichkeiten zur Plausibilisierung (2. B. nach Anlage 5) nicht als ausreichend erwiesen haben. Dieser Vergleich ist nur dann möglich, wenn die Leistungsmerkmale inhaltlich weitestgehend identisch sind. (…) Ausgewählt wird im ersten Schritt eine repräsentative Anzahl an Einrichtungen. lm Regelfall sollen fünf Einrichtungen ausreichen. Die wesentlichen Leistungsmerkmale sollen weitestgehend übereinstimmen und einen regionalen Bezug aufweisen, wobei dieser je nach Einrichtungsart enger oder weiter zu fassen sein wird. Darüber hinaus sollen in den Leistungsangeboten keine besonderen Leistungsmerkmale, die ein abweichendes Entgelt ggf . rechtfertigen, vorhanden sein. Die Vergleichbarkeit der Leistungsangebote ist dann von den Verhandlungspartnern vor Ort einvernehmlich festzustellen. Kann die Vergleichbarkeit trotz übereinstimmender Leistungsmerkmale nicht hergestellt werden, so ist dies von der ablehnenden Verhandlungsseite zu begründen. Kann auch nach der Begründung eine Einigung auf vergleichbare Leistungsangebote nicht hergestellt werden, endet das Verfahren zur Vergleichbarkeit von Leistungsangeboten und Entgelten. Für diesen Fall gelten die Regelungen der Rahmenvertrages (§ 11 Schlichtung, Schiedsverfahren).“

Sportlich sehe ich auch das Vorhaben der Vereinbarungspartner in Niedersachsen, dass die Entgeltverhandlungen innerhalb von 6 Wochen abgeschlossen sein sollen.

Ich mache die Erfahrung, dass die meisten Jugendämter in Niedersachsen hierauf nicht eingestellt sind. Immer wieder erhalte ich im Rahmen von Verhandlungsprozessen Hinweise, zum Beispiel auf Urlaub der Mitarbeitenden in der Wirtschaftlichen Jugendhilfe, die zu erheblichen Verzögerungen führen.

In diesem Zusammenhang enthält die Anlage 13 einen Ablaufplan einer Verhandlung. Schauen Sie hier unbedingt mal rein.

Das gesamte Papier finden Sie hier.

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