
Der Landesrahmenvertrag nach § 78 f SGB VIIII in Niedersachsen enthält seit vielen Jahren eine pauschale Regelung für Sonderaufwendungen im Einzelfall.
Die Pauschale für Sonderaufwendungen im Einzelfall soll den Verwaltungsaufwand in der Kinder- und Jugendhilfe reduzieren und gleichzeitig sicherstellen, dass alle jungen Menschen vergleichbare finanzielle Unterstützung für bestimmte Anlässe erhalten. Anstatt für jede Klassenfahrt, jedes Schulbuch oder jedes Geburtstagsgeschenk einen gesonderten Antrag zu stellen, wird ein fester Jahresbetrag von 1.600 Euro zur Verfügung gestellt. Damit sollen gängige Sonderausgaben pauschal abgedeckt werden, ohne dass Begründungen oder Nachweise erforderlich sind.
Die Idee dahinter ist eigentlich simpel: Im Laufe eines Jahres entstehen immer wieder zusätzliche Kosten, die über das reguläre monatliche Leistungsentgelt hinausgehen. Manchmal sind es Klassenfahrten, manchmal Ferienfreizeiten oder neue Schuhe für den Sportunterricht. Während manche Ausgaben regelmäßig anfallen, gibt es andere, die sich über das Jahr hinweg ausgleichen. Die Pauschale sorgt dafür, dass für diese typischen Kosten keine Einzelanträge mehr notwendig sind. Das spart Zeit und reduziert bürokratische Hürden für alle Beteiligten.
Die Liste der über die Pauschale abgedeckten Kosten ist lang. Sie reicht von Fahrrädern und E-Scootern samt Schutzausrüstung über Zuschüsse für Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke bis hin zu Schulmaterialien wie Taschenrechner, Schulbücher oder Kopiergeld. Auch Mitgliedsbeiträge für Freizeitangebote, Kosten für bestimmte Schul- und Studienfahrten sowie laufende Bekleidungsnachkäufe sind in der Pauschale enthalten. Selbst die Kosten für Heimfahrten innerhalb des regionalen Nahverkehrs sind berücksichtigt – allerdings nur bis zu zwei Fahrten im Monat. Alles, was darüber hinausgeht, muss im Einzelfall geprüft werden.
Trotz dieser Pauschale gibt es bestimmte Kosten, die weiterhin einzeln bewilligt und abgerechnet werden müssen. Dazu gehören Taschengeld, die Erstausstattung an Kleidung, Kosten für eine eigene Wohnung in betreuten Wohnformen sowie Fahrtkosten für Familienheimfahrten, die über den regionalen Bereich hinausgehen. Auch Schülerbeförderungskosten oder Dolmetscherleistungen sind nicht pauschal enthalten und müssen gesondert beantragt werden. Besonders wichtig ist, dass technische Geräte wie Notebooks oder Tablets nicht pauschal übernommen werden. Hier entscheidet der Einzelfall, wobei Aspekte wie angemessene Anschaffungskosten oder mögliche Leihoptionen berücksichtigt werden.
Ein weiteres Streitthema ist die Kostenübernahme für den Führerschein. Auch hier gibt es keine pauschale Regelung, sondern eine Prüfung im Einzelfall. Ausschlaggebend ist dabei die Notwendigkeit für Schule oder Ausbildung sowie alternative Verkehrsmöglichkeiten. Falls ein Arbeitgeber die Kosten übernimmt oder eine finanzielle Unterstützung im Rahmen der Nachwuchskräftegewinnung möglich ist, wird dies ebenfalls berücksichtigt.
Die Pauschale bringt für Einrichtungen und Dienste in der Kinder- und Jugendhilfe einige Vorteile. Sie sorgt für Planungssicherheit und verhindert, dass jedes Detail einzeln geprüft und bewilligt werden muss. Allerdings bleibt die Herausforderung, dass die Pauschale nicht alle Eventualitäten abdeckt. Die Abgrenzung zwischen pauschalen und einzelfallbezogenen Leistungen bleibt ein Punkt, der in der Praxis immer wieder Fragen aufwerfen wird. Deshalb haben sich die Rahmenvertragsparteien in Niedersachsen darauf verständigt, die Regelung Ende 2026 zu evaluieren und bei Bedarf Anpassungen für 2028 vorzunehmen.
Für Einrichtungen in Niedersachsen bedeutet das, sich frühzeitig mit der Regelung auseinanderzusetzen und im Zweifelsfall rechtzeitig mit den Kostenträgern zu klären, welche Leistungen unter die Pauschale fallen und welche nicht. So lassen sich unnötige Diskussionen vermeiden und die finanzielle Unterstützung kann zielgerichtet dort eingesetzt werden, wo sie gebraucht wird.
Wichtig:
Einige Jugendämter machen die Zahlung der Pauschale davon abhängig, dass die Einrichtung dem niedersächsischen Rahmenvertrag beitritt. Dieses Vorgehen ist u.E. rechtswidrig. Die Pauschale ist eine zu vereinbarende Leistung, die unabhängig vom Beitritt zu einem bestimmten Rahmenvertrag gewährt werden muss. Einrichtungen sollten sich in solchen Fällen rechtlich beraten lassen und auf die geltenden Regelungen hinweisen.
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- Taschengeld: pixabay