Beitritt oder nicht Beitritt, das ist hier die Frage!

Ich erhalte aktuell vermehrt aufgeregte Anrufe von Niedersächsischen Jugendhilfeeinrichtungen und werde von diesen gefragt, ob ein Beitritt zum Rahmenvertrag nach § 78 f SGB VIII zwingend erforderlich sei.

Das Ganze steht wohl im Zusammenhang mit individuellen Anschreiben des Nds. Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie aus der letzten Woche. In diesen Schreiben wurden Einrichtungen, die dem Rahmenvertrag bislang noch nicht beigetreten sind aufgefordert, ihren Beitritt zum Rahmenvertrag zu erklären. Anderenfalls würde der bestehende Zugang zum Info-Katalog gesperrt. Ich war zunächst erstaunt und habe mir daraufhin den Rahmenvertrag einmal genauer angesehen:

Gem. § 12 wird zur Darstellung der Leistungs- und Entgeltvereinbarungen niedersächsischer Jugendhilfeeinrichtungen der bestehende Info-Katalog vom Nds. Landesamt niedersachsenweit vorgehalten. Die hierfür notwendigen Daten sind von den Einrichtungsträgern nach Abschluss der Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen in die webbasierte Datenbank einzugeben. Das Nds. Landesamt für Soziales, Jugend und Familie stellt den Rahmenvertragsparteien jährlich eine Auswertung der erhobenen Daten zur Verfügung. Die inhaltliche Weiterentwicklung des Info-Kataloges erfolgt im Beirat.

Mehr steht eigentlich gar nicht zum Thema „Info-Katalog” im Rahmenvertrag drinne. Ob man daher einer Einrichtung, die dem Rahmenvertrag nicht beitritt, den Zugang zum Info-Katalog einfach so sperren kann? Egal!

Einrichtungen, denen der Info-Katalog „schnuppe” ist und die unabhängig davon trotzdem unsicher sind, ob sie dem Rahmenvertrag beitreten sollen oder nicht, denen rate ich zunächst zur Besonnenheit und zu folgender (nicht abschließender) Vorgehensweise:

  • Prüfen Sie, ob Ihr örtliches Jugendamt dem Rahmenvertrag beigetreten ist (sehr interessant, wie ich selbst erlebt habe. Hier kann man auch bei großen Jugendämtern schöne Überraschungen erleben).
  • Sprechen Sie mit Ihrem örtlichen Jugendamt. Bringen Sie in Erfahrung, ob der neue Rahmenvertrag genutzt werden soll, um alles Positive und Bewährte „über Bord zu schmeissen”.
  • Vergleichen Sie die Inhalte des alten und des neuen Rahmenvertrages. Hier kann unser Praxisratgeber Hilfe leisten.
  • Berechnen Sie Ihre „Beitrittskosten” für den Fall einer anstehenden Neuverhandlung (Standardabsenkungen). Was könnte Sie der Beitritt z.B. durch Anwendung der neuen Regelungen (z.B. höhere Auslastungsquote) in EUR kosten?
  • Vergleichen Sie den aktuellen Rahmenvertrag mit Rahmenverträgen anderer Bundesländer.
  • Prüfen Sie, ob Ihre Leistungsbeschreibungen den Vorgaben der Anlage 2 des Rahmenvertrages entsprechen. Gerade hier drohen aktuell gewaltige Risiken der zeitlichen Verzögerung von Verhandlungsprozessen zu Ihren Lasten.
  • Prüfen Sie unbedingt, ob Sie in der Lage sind, die Anforderungen der Anlage 11 des Rahmenvertrages zu erfüllen. Sind Sie z.B. in der Lage, eine Anlagenverzeichnis vorzulegen, dass exakt den geforderten Inhalten entspricht?
  • Entscheiden Sie über Ihren individuellen Beitritt.

Gerne zitiere ich an dieser Stelle den guten alten Friedrich Schiller:

Drum prüfe, wer sich ewig bindet,
Ob sich das Herz zum Herzen findet!
Der Wahn ist kurz, die Reu ist lang.”