Viel Verbesserungsbedarf an geplanter Reform der Kinder- und Jugendhilfe? Der Bundesrat hat sich am 12. Februar 2021 ausführlich zu den Plänen der Bundesregierung für eine umfassende Reform der Kinder- und Jugendhilfe geäußert.

Viel Verbesserungsbedarf an geplanter Reform der Kinder- und Jugendhilfe? Der Bundesrat hat sich am 12. Februar 2021 ausführlich zu den Plänen der Bundesregierung für eine umfassende Reform des SGB VIII geäußert. Fachverbände beklagen hochproblematische Neuregelungen.

Mit einem Bundesratsbeschluss vom 12. Februar 2021 werden fachlich „hochproblematische“ Neuregelungen zum geplanten Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) vorgeschlagen. Darauf macht die Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) in einer gemeinsamen Stellungnahme mit acht weiteren Fachorganisationen aufmerksam. Eine „allgemeine Warnpflicht“ für Jugendämter, neue Meldepflichten für Fachkräfte oder die Forderung nach Fachaustausch von Ärzten ohne Einbezug der betroffenen Familie beträfen „fundamentale Prinzipien” des Kinderschutzes und sollten in den anstehenden parlamentarischen Beratungen abgelehnt werden.

Die Verbände betonen, dass insbesondere in den §§ 8a SGB VIII, 4 und 4a KKG rechtssystematisch und fachlich problematische Regelungen vorgeschlagen werden, die grundlegende Strukturprinzipien des deutschen Kinderschutzes aushöhlen und zentrale Vertrauens- und Hilfebeziehungen untergraben würden. Sie fordern, diese Änderungsvorschläge zu streichen. Der Entwurf des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) ist am Montag, 22. Februar 2021, Gegenstand einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Bundestages.

Auf über 70 Seiten zeigt der Bundesrat detailliert fachlichen Verbesserungsbedarf auf – beruhend auf Rückmeldungen aus der Praxis. Die Beschlussdrucksache des Bundesrats finden Sie hier.

Hier die wichtigsten Inhalte:

Kompensation für Mehrbelastung der Länder

Daneben betont der Bundesrat in seiner Stellungnahme: die Umsetzung des Gesetzesvorhabens kann nur gelingen, wenn Ländern und Kommunen die dafür erforderlichen Mittel bedarfsgerecht zur Verfügung stehen. Die geplante Zuweisung neuer Aufgaben beziehungsweise die Erweiterung bereits übertragener Aufgaben ziehe erhebliche Mehrkosten für die Länder und Kommunen nach sich. Diese müssten durch dauerhafte Erhöhung der Umsatzsteueranteile kompensiert werden.

Stärkere Beteiligung des Bundes

Die Weiterentwicklung einer inklusiven Ausrichtung der Kinder- und Jugendhilfe begrüßen die Länder ausdrücklich. Sie weisen allerdings darauf hin, dass die finanzielle Beteiligung des Bundes an den erweiterten Rechtsverpflichtungen zur inklusiven Bildung und Betreuung im SGB VIII unzureichend ist. Der Bund müsse die Kosten an den zunehmenden Betriebskosten in den Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege vollständig kompensieren.

Schutz und Teilhabe: Was die Bundesregierung plant

Die Bundesregierung will Kinder und Jugendliche aus einem belastenden Lebensumfeld besser schützen und ihnen mehr Chancen auf Teilhabe geben. Ziel ist ein wirksames Hilfesystem, das Kinder vor Gefährdungen schützt und Familien stärkt.

Mehr Kooperation mit Akteuren im Kinderschutz

Die Kooperation zwischen der Kinder- und Jugendhilfe mit wichtigen Akteuren im Kinderschutz soll ausgebaut und verbessert werden – so das Zusammenwirken von Jugendamt und Jugendgericht, Familiengericht und Strafverfolgungsbehörden sowie Lehrerinnen und Lehrern. Der Entwurf regelt auch die Mitverantwortung der gesetzlichen Krankenversicherung und die Kooperation zwischen Ärztinnen und Ärzten sowie Angehörigen anderer Heilberufe mit dem Jugendamt.

Pflegefamilien stärken

Gewachsene Bindungen und Beziehungen von Pflegekindern sollen gestärkt werden. Künftig können Familiengerichte den Verbleib eines Kindes in seiner Pflegefamilie als dauerhafte Maßnahme anordnen, wenn dies zum Schutz und Wohl des Kindes erforderlich ist.

Mehr Rechte für Kinder

Kinder und Jugendliche, die in Pflegefamilien oder in Einrichtungen der Erziehungshilfe aufwachsen, sollen Unterstützung durch so genannte Careleavererhalten und künftig weniger stark an den Betreuungskosten beteiligt werden.

Jugendämter sollen verpflichtet sein, Beschwerdemöglichkeiten in persönlichen Angelegenheiten für Pflegekinder zu gewährleisten.

Bessere Beteiligung der Betroffenen

Kinder und Jugendliche sollen einen uneingeschränkten Anspruch auf Beratung durch die Kinder- und Jugendhilfe erhalten – und über Ombudsstellen ein gesetzliches Recht auf Beteiligung.

Rechtsanspruch auf Beratung

Künftig sollen Eltern bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie einen Rechtsanspruch auf Beratung, Unterstützung und Förderung ihrer Beziehung zum Kind erhalten. Zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in Familienpflege müssen dort künftig Schutzkonzepte angewendet werden.

Wie es weitergeht

Die umfangreiche Stellungnahme des Bundesrates wurde der Bundesregierung zugeleitet, die eine Gegenäußerung dazu verfasst. Anschließend legt sie beide Dokumente dem Bundestag zur Entscheidung vor. Dieser hat Ende Januar bereits mit seiner ersten Beratung begonnen. Spätestens drei Wochen nach Verabschiedung des Gesetzes stimmt der Bundesrat dann noch einmal abschließend darüber ab.

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