Leitlinien der Niedersächsischen Schiedsstelle nach § 78 g SGB VIII Schiedsstelle veröffentlicht Leitlinien und verlangt das Ausfüllen eines Antragsformulars

Leitlinien der Niedersächsischen Schiedsstelle nach § 78 g SGB VIII. Erstmals veröffentlicht die Niedersächsische Schiedsstelle nach § 78 g SGB VIII (Jugendhilfe) verbindliche Leitlinien für das Schiedsverfahren. Über den Inhalt kann man streiten. Auch, weil sich die Frage stellt, ob die Leitlinien vollumfänglich den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.

Die Schiedsstelle in Niedersachsen ist tatsächlich der Meinung, dass es nur einen (!) zwingenden Ablauf für die Einleitung und den Verlauf eines Verfahrens vor der Schiedsstelle geben kann und hat diesen nun verbindlich festgelegt. Gewählt hat die Schiedsstelle den eindeutigen Begriff “Leitlinien”, der eigentlich nur für eine empfehlende Handlungsanweisung ohne bindenden Charakter steht.

Nun zum Inhalt: Derartige Inhalts- und Strukturvorgaben zum Schiedsverfahren kenne ich bislang von keiner anderen Schiedsstelle in Deutschland. Das erhöht m.E. den Aufwand zur Vorbereitung eines Verfahrens deutlich.

Möglichweise ziehen aber auch die anderen Schiedsstellen nach. Auf den den Seiten des AFET  findet man im Zusammenhang mit der 16. Schiedsstellenkonferenz vom 21. bis 22. September 2015 in Berlin folgende Hinweise und möglicherweise auch Zusammenhänge:

“(…) Die Ergebnisse sollen dann, zusammen mit Hinweisen zu aktuellen Praxisfragen und einem „Musterantrag“ für die Schiedsstelle in einem Handbuch zusammengestellt werden und eine Orientierung für die Praxis bieten.”    

Möglicherweise ist nun aus der geplanten Orientierung eine verbindliche Vorgabe geworden.

Zum Verfahren selbst vertritt die Schiedsstelle in Niedersachsen folgende Haltung:

“a) Die Schiedsstelle ist dem Grundsatz der Neutralität verpflichtet (siehe oben). Sie verbittet sich daher jeden Versuch einer Kontaktaufnahme durch eine Partei, welche das Verfahren in der Sache betrifft; Hinweise zum formellen Verfahren werden selbstverständlich gewährt.

b) Die Schiedsstelle ist dem Grundsatz der Transparenz verpflichtet (siehe oben). Daher sind alle das Verfahren betreffenden Fragen schriftlich oder per E-Mail an die Geschäftsstelle der Schiedsstelle zu richten, so dass im Zweifel auch die Gegenseite davon Kenntnis erlangen kann. Versuche der telefonischen Kontaktaufnahme zu Mitgliedern der Schiedsstelle haben zu unterbleiben.

c) Die Schiedsstelle ist über den Gang eventuell stattfindender Verhandlungen, die zu einer Änderung der Lage zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags führen, unverzüglich zu informieren.

d) Unterlagen, die der Geschäftsstelle der Schiedsstelle nicht 14 Tage vor einer mündlichen Verhandlung in schriftlicher Form vorliegen, bleiben bei der Entscheidungsfindung grundsätzlich unberücksichtigt.”

Die vollständige Leitlinie können Sie hier direkt als PDF-Datei herunterladen.

Noch etwas Interessantes ist mir aufgefallen:

Die Schiedsstelle verlangt weiterhin das Ausfüllen eines zur Verfügung gestellten Antragsformulars, welches mit dem Schiedsstellenantrag gemeinsam einzureichen ist. Bei dem Antragsformular handelt es sich um eine Excel-Datei mit drei komplexen Arbeitsblättern. Als Autor ist in der Excel-Tabelle der folgende Verfasser hinterlegt: “Oldbg.-Ostfr. Zweckverband TKB”. Diese Abkürzung steht eigentlich für den OLDENBURGISCH-OSTFRIESISCHEN ZWECKVERBAND FÜR TIERKÖRPERBESEITIGUNG (???), und das ist definitiv ein Arbeitsbereich des Bezirksverbands in Oldenburg. Somit dürfte ein Mitarbeitender/eine Mitarbeitende des Bezirksverbands Oldenburg diese Datei erstellt haben. Eine Mitarbeiterin des Bezirksverbands Oldenburg (Zentrale Pflegesatzstelle [sic] Jugendhilfe) sitzt übrigens auch in der Niedersächsischen Schiedsstelle auf der Bank der Öffentlichen Träger der Jugendhilfe. Und das, obwohl der Verband auch eigene Jugendhilfeeinrichtungen betreibt. Darüber hinaus berät die Pflegesatzstelle des des Bezirksverbands Oldenburg  “parteiisch” nach eigenen Angaben zahlreiche Jugendämter in Niedersachsen als “Zentrale Pflegesatzstelle Jugendhilfe”. So werden zum Beispiel die folgenden Ämter durch die Pflegesatzstelle vertreten:

– Landkreis Ammerland
– Landkreis Aurich
– Landkreis Cloppenburg
– Landkreis Emsland
– Landkreis Friesland
– Landkreis Grafschaft-Bentheim
– Landkreis Leer
– Landkreis Oldenburg
– Landkreis Vechta
– Landkreis Wesermarsch
– Landkreis Wittmund
– Stadt Delmenhorst
– Stadt Emden
– Stadt Lingen
– Stadt Oldenburg
– Stadt Wilhelmshaven

 

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